… dass die Häufigkeit der Unfälle bei der Arbeit mit Maschinen seit Jahren rückläufig ist? Hat das etwas mit den steigenden gesetzlichen Anforderungen an die Maschinensicherheit zu tun? Allerdings sind die Unfallfolgen in diesem Bereich überdurchschnittlich schwer. Woran liegt das? Riskieren einige Arbeitskräfte einfach zu viel oder merken sie gar nicht, in welche Gefahr sie sich zuweilen begeben? Oder lassen ihnen die Arbeitsbedingungen keine Wahl? Wo sind die Lücken im Arbeitsschutz, durch die ein Mensch rutschen kann? Überlegen Sie gemeinsam mit uns, wie sich Arbeit noch sicherer gestalten lässt.
1) … was Maschinensicherheit kann?
Maschinen erleichtern dem Menschen die Arbeit. Wo starke Kräfte, schnelle Bewegungen, heißes Eisen oder gesundheitsgefährliche Stoffe an der Produktion beteiligt sind, übernimmt die Technik das Geschehen. Der Mensch bleibt gesund, solange er sich aus dem Einflussbereich der gefährlichen Materie heraushält. Die Maschinensicherheit kann ihm den Zugang zu diesem Einflussbereich verwehren.
Die Arbeit bringt es mit sich, dass der Mensch oft sehr dicht am Geschehen zu tun hat. Dann kommt die zweite Aufgabe zum Tragen: Aufpassen, was er treibt, und schnell abschalten, wenn er die Grenze überschreitet. Dadurch unterdrückt oder unterbricht sie die Einflüsse.
Die Maschinensicherheit hat noch eine dritte Aufgabe: unnötige Gefahrenquellen von vornherein zu vermeiden. Sie kann und soll zum Beispiel dafür sorgen, dass
- alle Teile der Maschine den mechanischen, thermischen und chemischen Beanspruchungen im Betrieb sicher standhalten und zuverlässig funktionieren
- alle Arbeiten an der Maschine nach ergonomischen Grundsätzen ohne physische Überlastung der Bediener durchgeführt werden können
- Montage-, Umbau,- Abrissarbeiten und Entsorgung planmäßig und gefahrlos möglich sind
- Bedieneinrichtungen und Gefahrstellen deutlich gekennzeichnet sind
- die Beschäftigten brauchbare Anleitungen für Montage, Betrieb, Instandhaltung, Umbau und Abriss sowie Entsorgung und vor allem für das Verhalten bei Störungen bekommen.
2) … wo Maschinensicherheit machtlos ist?
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) veröffentlicht in jedem Jahr eine Statistik über die Arbeitsunfälle des Vorjahres. Daraus geht hervor, dass 2019
- 37.569 Arbeitsunfälle bei der Bedienung einer Maschine vorgekommen sind
- 705 Beschäftigte dadurch dauerhaft oder längerfristig arbeitsunfähig wurden und eine Rente erhalten
- 17 Arbeitskräfte an den Unfallfolgen verstorben sind.
Im Verhältnis zur Gesamtunfallzahl bedeutet das:
- 4,8 % der Unfälle aber
- 6,1 % der neuen Renten und
- 7,8 % der Todesfälle
gehen auf die Arbeit mit Maschinen zurück. [1]
Hat die Maschinensicherheit hier versagt oder war sie chancenlos? Für die Unfälle sind in den meisten Fällen folgende Umstände verantwortlich:
- Bei alten Maschinen oder nach Umbauarbeiten fehlen sicherheitstechnische Vorrichtungen.
- Mit einem Höchstmaß an Kreativität überlisten Arbeitskräfte die Sicherheitsvorkehrungen.
- Planmäßige Wartungsarbeiten werden vernachlässigt, wodurch Maschinenteile versagen.
- Arbeitskräften fehlen das notwendige Wissen und die Übung für die übertragene Arbeitsaufgabe.
- Die Beseitigung von Störungen erfolgt unter Zeitdruck, ohne die erforderlichen organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen einzuleiten.
- Menschen und Maschinen werden überlastet, um die Produktivität zu steigern.
Wo die Maschinensicherheit grob vernachlässigt, ausgebremst oder gar ignoriert wird, sind Unfälle vorprogrammiert.
3) … wie die Sicherheit an Maschinen wirkt?
Als die Technik durch neue Energiearten in Schwung kam, häuften sich Arbeitsunfälle. Die Folgen wurden immer schwerwiegender. Was tun… ?
… bei der Dampfmaschine
Es kam vor, dass Kessel von Dampfmaschinen mit lautem Getöse zerbarsten und viele Menschen in der Umgebung in den Tod rissen oder schwer verletzten. Wie ließ sich Maschinensicherheit herstellen?
- klare Regeln für Materialauswahl, Dimensionierung und Konstruktion festlegen
- automatisch wirkende Druckentlastung (Sicherheitsventile) vorsehen
- geschultes Personal einsetzen
- regelmäßige Überprüfung der Dampfkessel auf Schäden und Funktion
Eine Unsicherheit blieb: War das Wasser im Kessel aufgebraucht, weil der Nachschub ins Stocken geraten war, überhitzte das Material. Das Feuer unter dem Kessel brannte ja weiter. Wenn dann der Kesselwärter vor Schreck Wasser nachfüllte, … konnte ihn später niemand mehr zur Verantwortung ziehen.
… bei der elektrisch betriebenen Maschine
Der Einzug der elektrischen Energie brachte der Maschinensicherheit weitere Möglichkeiten, Unfälle zu verhüten. Die Energiezufuhr ließ sich problemlos und schnell stoppen oder an Bedingungen knüpfen.
- Die elektrische Sicherung und der Not-Aus-Schalter wurden geboren.
- Türkontakte und Endschalter geben die Energieversorgung frei oder unterbrechen sie.
- Bedienelemente lassen sich außerhalb von Gefahrenzonen anordnen.
- Die Zweihandbedienung sorgt dafür, dass sich Hände und Werkzeuge voneinander fernhalten.
- Messinstrumente können bei Grenzwertüberschreitungen akustische und optische Warnsignale auslösen und die Unterbrechung der Energieversorgung veranlassen.
- Abläufe lassen sich anhand von Messwerten regeln.
Doch auch hier blieben einige Unsicherheiten: Manipulationen an den sicherheitstechnischen Einrichtungen sind möglich. Seltene Störungen können zu hastigem, unüberlegtem Handeln veranlassen. Unkoordinierte Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten können dazu führen, dass die Energieversorgung zum falschen Zeitpunkt wieder hergestellt wird. Wenn dann die Materie zuschlägt, ist es fraglich, ob sich der Betroffene überhaupt wieder von den Folgen erholen kann.
… bei der automatischen Anlage
Die Automatisierung treibt die Maschinensicherheit zu Höchstleistungen. Intelligente Steuerungen können die Signale vieler Messinstrumente und Sensoren logisch miteinander verknüpfen und das Verhalten von Motoren, Schaltern oder Armaturen gezielt beeinflussen. Das Verhalten der Menschen können sie überwachen. Tut der Mensch, was er nicht soll, macht die Steuerung, was getan werden muss. Und zwar so:
- Lichtgitter und Lichtvorhänge überwachen den Zugang zu gefährdeten Bereichen und schalten die Maschinen gegebenenfalls aus. Auf diese Weise können Roboter betrieben werden oder sogar mit Menschen zusammenarbeiten.
- Schaltmatten, Schaltpuffer oder Schaltleisten registrieren leiseste Berührungen und stoppen gefahrbringende Bewegungen von Türen, Toren oder Maschinenteilen.
- Nachlaufzeiten von Maschinenteilen werden gemessen, erst bei völligem Stillstand wird der Zugang freigegeben. So wie bei Ihrer Waschmaschine nach dem Schleudergang.
- Befehlsgeber, die vom Menschen bedient werden, reagieren in Abhängigkeit von vorgegebenen Bedingungen. Bedient er richtig, wird der Befehl weitergeleitet, sonst passiert überhaupt nichts oder etwas anderes.
4) … wo der Maschinensicherheit nur Notlösungen übrigbleiben?
Maschinen sind dann sicher, wenn sie einen Unfallschutz bieten, der unabhängig vom menschlichen Verhalten ist. Das lässt sich häufiger einrichten, als es mancher für möglich hält. Allerdings ist das oft kostspielig. Zuweilen fehlen auch praktikable Lösungen. Dann ist die Maschinensicherheit auf Notlösungen angewiesen. Dazu gehören:
- Warnzeichen vor Gefahren an der Maschine. Die gibt es zum Beispiel für heiße oder kalte Flächen, gefährliche Stoffe, Absturz- und Stolperstellen, elektrische Spannung oder Quetschgefahr.
- Sicherheitshinweise an der Maschine. Symbole für Gebote oder Verbote weisen darauf hin, dass zum Beispiel bei der Arbeit eine bestimmte persönliche Schutzausrüstung erforderlich ist oder dass das Berühren oder Hineinfassen unterbleiben soll.
- Manchmal ist so viel zu beachten, dass auf der Maschine die deutliche Forderung steht, vor der Benutzung die Betriebsanleitung zu lesen. Auch dafür gibt es ein Gebotszeichen.
Konnten wir Ihnen ein paar Anregungen oder Ideen für die Verbesserung der Maschinensicherheit liefern? Lassen Sie sie in die Technische Dokumentation einfließen, wenn Sie daran arbeiten. Je besser der Leser die Anleitung versteht und die Gefahren erkennt, desto mehr Anteil haben Sie am Schutz seiner Gesundheit.
[1] Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Statistik Arbeitsunfallgeschehen 2019, Berlin, 2020Bildquellen: Pixabay, Unsplash