Digitale Anleitungen, mobile Dokumentationen und künstliche Intelligenz sind nur einige Stichworte, die in Unternehmen aktuell diskutiert werden. Dazu gehört unter anderem auch die maschinelle Übersetzung von Technischen Dokumentationen. Wir haben mit Christian Funkelt von der Prolangua GmbH, unserem langjährigen Dienstleister für Übersetzungen gesprochen, was dieser neue Trend für Übersetzungsbüros bedeutet, welche Vor- und Nachteile sich daraus ergeben und wie sich die Technische Dokumentation der Zukunft verändert.
Hallo Herr Funkelt! Die maschinelle Übersetzung hat in den vergangenen Jahren einen qualitativen Quantensprung gemacht. Heute kann praktisch jeder seine Texte selbst im Internet maschinell übersetzen lassen.
Die künstliche Intelligenz verändert gerade viele Berufe und Branchen, so natürlich auch die Übersetzerbranche. Es gibt mittlerweile einige Unternehmen, die vorpreschen. In Deutschland wäre da das kleine Unternehmen DeepL zu nennen, aber auch Google und Microsoft arbeiten weiter daran, ihre Übersetzertools zu verbessern.
Der Qualitätssprung kommt aufgrund der immer leistungsfähigeren Rechner und Verarbeitungskapazitäten. Und natürlich auch das Deep Learning hat zu einem besseren Ergebnis bei maschinellen Übersetzungen geführt. Das heißt Rechner können Übersetzungen heute mithilfe neuronaler Netzwerke viel besser be- und verarbeiten. Dadurch lassen sich kleine Texte schon relativ gut in die gängigen Sprachen übersetzen.
Auch hier gibt es noch kleine Tücken. Aber grundsätzlich liest sich solch ein Text heute viel flüssiger und die Qualität der maschinellen Übersetzung wird tendenziell immer besser, als dies noch vor fünf bis zehn Jahren der Fall war.
Wie verändert dies die Arbeit von Übersetzungsdienstleistern wie Prolangua, wo finden sie künftig ihren Platz?
Die Übersetzungsbranche wird sich dahingehend ändern, dass maschinelle Übersetzungen einen größeren Anteil übernehmen werden und der Übersetzer zum Lektor und Post-Editor wird. Sprich, das reine Rohmaterial wird immer mehr von Maschinen kommen und der Mensch wird diese Texte überarbeiten und nachbessern.
Spannend. Dabei waren die Anfänge der maschinellen Übersetzung in den 1960er Jahren alles andere als vielversprechend. Was hat sich seitdem geändert?
Vor etwa 25 Jahren gab es erste Erfolge in Bezug auf Übersetzungen mithilfe von Software. Damals hat man begonnen, mit sogenannten CAT-Tools – Computer-aided Translation Tools – zu arbeiten. Damit können Übersetzer losgelöst vom Format in getaggten Editorendateien arbeiten.
Vereinfacht gesagt läuft das so ab: Man hat ein Dokument, welches man unabhängig vom Format in der Software öffnen kann. Alle Informationen, die nicht relevant für die Übersetzung sind – wie Bildmaterial oder sonstiges – werden einfach ausgeblendet. Im Editor wird die Datei nun segmentweise übersetzt, also pro Satz, Absatz oder stichpunktartig.
Die Übersetzungen gehen gleichzeitig in ein sogenanntes Translation Memory, einen Übersetzungsspeicher, der immer wieder aktualisiert und vervollständigt werden kann. Dies hat den Vorteil, dass man sich weniger um das Layout kümmern muss, da man nach Abschluss der Übersetzung mit einem Klick die Datei wieder ins Ausgangsformat zurückwandeln kann.
Die Translation Memory Technologie hat sich über die Jahre weiterentwickelt. Sie ist vor allem für Kunden mit häufig wiederkehrenden Texten – etwa im Maschinenbau – sinnvoll. Denn wenn der Übersetzer ein neues Dokument ins Tool lädt, läuft das Translation Memory im Hintergrund weiter und greift auf Übersetzungen aus vorherigen Projekten zu. Man muss also nur noch die neuen Texte übersetzen. Gleichzeitig kann man in diesem System Glossare und Terminologiedatenbanken hinterlegen, um ganz gezielt auf die Vorgaben des Kunden zugreifen zu können.
Und wie läuft es heute?
Die CAT-Tools sind auch heute noch Stand der Technik. Nur, dass man sich heute auch noch mit API- oder Plugin-Schnittstellen maschinelle Übersetzungen von Tools wie DeepL holen kann. Das heißt, vorhandene Übersetzungen ziehen wir uns aus dem Translation Memory der CAT-Tools, offene Segmente holen wir uns von DeepL und konzentrieren uns anschließend auf das Post-Editing. Dieser Weg wird sich künftig vermutlich auch standardisieren.
Die maschinelle Übersetzung löst die händische ab. Der Übersetzer greift auf fertig übersetzte Texte zu und übernimmt anschließend Anpassungen im Stil und der Grammatik, in der Einhaltung von Terminologien, speziellen Begrifflichkeiten, Abkürzungen und Konsistenzen.
Es ist also schon noch allerhand Arbeit. Wichtig ist dabei immer der Ausgangstext. Sprich: Auf welchem Themengebiet bewegt er sich, ist er einfach und verständlich geschrieben, wie ist die Satzstruktur? Wenn der Text schon in seiner Ausgangsform Fehler enthält, wird es auch die Maschine schwerer haben, sinnvoll in eine andere Sprache zu übersetzen.
Welche Vorteile bietet die maschinelle Übersetzung?
Wenn der Ausgangstext gut ist, kann die maschinelle Übersetzung Zeit und Kosten sparen. Das ist Fakt. Unser Partnerunternehmen hat aus der Erfahrung der vergangenen zwei Jahre errechnet, dass eine Zeitersparnis von zehn bis 30 Prozent möglich ist. Das wiederum ergibt natürlich auch eine Kostenersparnis, die man dem Kunden mitgeben und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil schaffen kann.
Es macht schon viel aus, wenn man seinem Kunden bis zu 30 Prozent günstigere Übersetzungen anbieten kann in der gleichen Qualität, dann ist das natürlich ein großer Vorteil für alle Beteiligten an dem Prozess. Und die Zeitersparnis bedeutet natürlich auch, dass der Übersetzer ein viel höheres Pensum an Aufträgen schafft oder der Kunde seine Übersetzung viel schneller bekommt.
Wo gerät die maschinelle Übersetzung an ihre Grenzen?
Eine Maschine denkt nicht mit. Der Mensch hat diese Fähigkeit. Er kann sich in die Texte reinlesen, deren Sinnhaftigkeit prüfen, Mehrdeutigkeiten erkennen und den Text am Ende zu einem stimmigen Dokument machen.
Zunächst einmal können sie nicht alle Dateiformate bearbeiten. Wir haben häufig technische Übersetzungen für das Bedienpanel einer Maschine. Dort ist zum Beispiel vorgegeben, dass das Display nur eine bestimmte Zeichenanzahl anzeigen kann. Das kann eine maschinelle Übersetzung aktuell noch nicht gewährleisten und der Mensch muss nacharbeiten. Viele Kunden haben außerdem spezielle Terminologien, die die Maschine nicht kennt oder anders verwendet.
Nichtsdestotrotz werden Maschinen in Zukunft besser werden und dazu lernen – auch aufgrund von Datenpflege und der Leistungsfähigkeit von Rechnern, die in Nanosekunden viel größere Datenmengen verarbeiten können. Die neuronalen Netzwerke greifen ja aktuell auf bestehende menschliche Übersetzungen zurück, verarbeiten diese in Sekundenbruchteilen und können davon ausgehend eine viel bessere Qualität ausgeben, je mehr Vorgaben sie bekommen.
Wie sieht es denn mit dem Datenschutz bei maschinellen Übersetzungen aus?
Das ist ein weiterer, wichtiger Punkt für viele Kunden. Während DeepL sagt, dass nach jeder Übersetzung alle Texte sofort gelöscht werden, machen das alle anderen Anbieter aktuell nicht.
Vor allem, wenn es um Patentübersetzungen geht, haben Kunden konkrete Vorgaben, dass sie bewusst keine maschinelle Übersetzung wünschen und kein Risiko eingehen möchten, was die Geheimhaltung von Inhalten betrifft. Da möchten sich deutsche Unternehmen eben schützen, wenn sie sehr viel Zeit und Geld in Forschung und Entwicklung investiert haben, dass dieses Wissen eben nicht im Netz verfügbar ist oder von Wettbewerbern abgegriffen wird.
Wie sinnvoll ist die maschinelle Übersetzung in der Technischen Dokumentation? Wie kann gewährleistet werden, dass technische Anleitungen fehlerfrei übersetzt werden?
In der Technischen Dokumentation blindlings einer maschinellen Übersetzung zu vertrauen, davon rate ich dringend ab. Auch wenn Maschinen mittlerweile recht gut übersetzen und lesbare Ergebnisse präsentieren, heißt es noch nicht, dass es genau das ist, was der Kunde haben möchte.
Laut aktuellem Stand sollte man nie eine maschinelle Übersetzung eins zu eins weitergeben, weil gerade bei Technischen Dokumenten ein großes Risiko in Bezug auf die Gewährleistung und Haftung besteht. Etwa, wenn eine Anleitung fehlerhaft übersetzt wurde und die falsche Bedienung einer Anlage ein Menschenleben gefährdet.
Wie beurteile ich denn die Qualität einer maschinellen Übersetzung?
Das geht aktuell nur mithilfe eines fachkundigen Muttersprachlers, der die übersetzten Texte auf ihre Richtigkeit überprüft. Wie bereits erwähnt, die maschinelle Übersetzung wird immer besser und die Nachbearbeitung nimmt immer mehr ab. Ob wir allerdings in zehn Jahren blindlings maschinellen Übersetzungen vertrauen können, bleibt abzuwarten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Bildquellen: Prolangua, Pixabay